Dienstag | 12.12.2023 | 19:00 Uhr
Prof. Dr. Andreas Schulz, Berlin

Nationale Revolution und lokaler Horizont: das "tolle Jahr" 1848 in Bremen. Ereignis - Erinnerung - Deutung.

Haus der Wissenschaft, Olbers-Saal
zusammen mit der Historischen Gesellschaft

Prof. Dr. Andreas Schulz, geb. 1958 in Hamburg, ist Generalsekretär der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (Berlin) und Apl. Professor für Neuere Geschichte an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main; Publikationen zur Geschichte des Bürgertums, zur Geschichte Bremens im 19. Jahrhundert, zur Parlamentarismus- und Demokratiegeschichte seit 1789; aktuelle Forschungsgebiete: Kulturgeschichte der Petition; Biografie Ludwig Börne und Jeanette Wohl; zuletzt erschienen: »Vorhang auf!« – Frauen in Parlament und Politik, hrsg. zus. mit Tobias Kaiser, Düsseldorf 2022.

Wie viele Orte in Deutschland erreichte die Nachricht von der Pariser Februarrevolution die Stadt Bremen nur wenige Tage nach der Demission König Louis Philippes am 24. Februar 1848. Mit ihren dem Senat überreichten Märzforderungen schlossen sich die Bremer Akteure der Revolutionsbewegung in Deutschland an, auch in der Hansestadt richteten sich große Hoffnungen auf die Verfassungs- und Einheitsbestrebungen der Paulskirche. Wie überall in Deutschland traten nach der Aufbruchseuphorie und der Mobilisierung der Bevölkerung aber bald darauf auch in Bremen tiefe Differenzen über die politischen Ziele der Revolution zutage. Die Polarisierung zwischen Konstitutionellen und Radikalen zeigte dabei durchaus lokale Besonderheiten, die mit der sozialen Struktur und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Hansestadt zusammenhängen. Bis heute wird die Erinnerung an die Revolution in Bremen deshalb auch durch unterschiedliche Traditionsbezüge bestimmt – eine Tendenz, die im 175. Jubiläumsjahr in unterschiedlichen Deutungen der deutschen Revolution von 1848/49 generell zu beobachten ist, etwa im Gegeneinander zwischen folkloristisch anmutenden Feiern der Straßen- und Barrikadenrevolution einerseits und dem getragenen Pathos staatlicher Gedenkveranstaltungen zur deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche andererseits.