Schüsse in der Ewigen Stadt. Wolfgang Koeppens Nachkriegs-Roman »Der Tod in Rom«
Der Krieg war knapp zehn Jahre vorüber, die Deutschen strömten wieder nach Italien, da erschien 1954 ein verstörender Rom-Roman, der zu einem Klassiker der literarischen Moderne werden sollte: »Der Tod in Rom« von Wolfgang Koeppen (1906 – 1996). Der Titel spielt halbironisch an Thomas Manns »Der Tod in Venedig« (1912) an, aber die Seuche, die bei Koeppen in Rom wütet, ist nicht bakterieller, sondern politischer Natur. In der Stadt treffen zwei verschwägerte Familien zusammen, deren Angehörige auf unterschiedliche Weise die Traumata der Nazi-Zeit mit sich herumschleppen. Stilistisch markiert der Roman mit seinen hinter- und ineinander montierten Szenen ein Beispiel neuer, expressiver Großstadtliteratur.
Der Vortrag knüpft an einen Satz des Literaturkritikers Walter Jens an, der über »Der Tod in Rom« geschrieben hat: »Eine literarische Kostbarkeit und nicht nur für Rom-Reisende heilsam«. Er nähert sich dem Roman aus den Entstehungsbedingungen seiner Zeit, die wir erst heute allmählich überblicken können. Und er stellt ihn in die Geschichte der Rom-Literatur und der Rom Wahrnehmung, die beide immer wieder ihre Kraft daraus geschöpft haben, dass sie einen neuen, einen kritischen Blick auf das Ewige Rom, einen der großen Erinnerungsorte der Deutschen geworfen haben.